Gefahr einer deutlichen Eskalation der deutschen Kriegsbeteiligung in Afghanistan
13. Feb 2008
Der Text lautet:Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages,
mit großer Sorge entnehmen wir der Presse die Meldungen über die
Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende.
Danach ist es höchst wahrscheinlich, dass die Obergrenze der Zahl
der deutschen Soldaten in Afghanistan um weitere 1000 auf 4500
angehoben wird. Deutlich höhere Obergrenzen werden bereits von
deutschen Politikern diskutiert.
Nicht mehr ausgeschlossen werden Kampfeinsätze von
Bundeswehrsoldaten im Süden Afghanistans, wenn auch anfangs noch
als Nothilfe begründet.
Damit bestätigen sich in dramatischer Weise unsere wiederholten
Warnungen vor einer deutlichen Eskalation der deutschen
Kriegsbeteiligung anlässlich der Zustimmung zum Tornado-Einsatz und
anlässlich der Verlängerung der Afghanistan-Mandate im Herbst
vergangenen Jahres.
Immer deutlicher wird, dass dieser Kriegseinsatz nicht dem Frieden
und den Interessen Afghanistans dienen soll. Es geht dabei um
ökonomische und Ressourceninteressen, wie es US-Verteidigungsminister
Gates auf der Münchner Sicherheitskonferenz in seltener Klarheit
ausgeführt hat, um globalstrategische Interessen der USA und der Nato
in Zentralasien und um den Führungsanspruch der USA gegenüber ihren
europäischen NATO-Partnern.
Wir dagegen sind der Meinung:
Afghanistan braucht Frieden und Entwicklung. Dabei kann und muss
Deutschland ein wichtiger Partner sein.
Die deutschen Entwicklungshilfeorganisationen haben eindrucksvoll
deutlich gemacht, dass Militäreinsätze zunehmend ihre Arbeit
gefährden. Wir möchten ihre wertvolle Arbeit gestärkt sehen, sowohl
mit einer deutlich besseren finanziellen Ausstattung als auch mit
einer Risikominderung durch militärische Zurückhaltung bzw. Abzug
der Soldaten.
Deutschland genießt in Afghanistan wie kein anderes Land in Europa
ein historisch gewachsenes hohes Ansehen, das auch die derzeitigen
Konfliktparteien respektieren. Deutschland kann damit zu einem
Verständigungsprozess beitragen, der mittlerweile von allen
Konfliktparteien in Afghanistan gewünscht wird. Ein solcher
Verständigungsprozess scheint zur Zeit von den Konfliktparteien im
Lande allein nur schwer zu bewältigen zu sein.
Ein deutlicher Paradigmenwechsel der deutschen Politik weg von den
gescheiterten Versuchen eine militärische Lösung zu erzwingen hin zu
einer politischen Lösung des Afghanistan-Konfliktes ist dringend
erforderlich. Fremde Truppen sind, wie historische Beispiele gerade
in Afghanistan zeigen, dabei kontraproduktiv
Eine weitere Verlängerung der ISAF-, Tornado- und OEF-Mandate ist
nach der Münchener Sicherheitskonferenz unter den absehbaren
Entwicklungen für niemanden verantwortbar, der die Option einer
politischen Lösung des Afghanistan-Konfliktes anstrebt. Eine
Verlängerung der Mandatsdauer würde den Einfluss des Parlamentes auf
den Einsatz noch weiter reduzieren. Bitte wenden Sie sich in den
jetzt beginnenden Diskussionen in Ihrer Partei gegen diese Pläne,
lehnen Sie diese wie die große Mehrheit der Bevölkerung im
Deutschen Bundestag ab.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Braun, Susanne Grabenhorst, Mira Lorent, Otmar Steinbicker -
Sprecherinnen und Sprecher der Kooperation für den Frieden
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Kooperation für den Frieden
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